Einblicke ins Private

In all den vielen Video-Treffen, seien sie privat oder beruflich, und auch in den öffentlich ausgestrahlten Videos, überall schaut man derzeit in Wohnungen.

Die Gesprächspartner*innen sitzen manchmal vor einer Wand oder vor einem Vorhang. Sehr beliebt als Hintergrund sind übrigens Bücherregale. Wer sich mit Zoom auskennt, kennt auch die Angebote an virtuellen Hintergründen, die die Software bereithält. Natürlich kann man auch einen persönlichen virtuellen Hintergrund nehmen, ein Foto zum Beispiel, das man mal irgendwann gemacht hat und das jetzt gut als Hintergrund für Zoom-Konferenzen zu passen scheint.

Wer das Konzert One World together at home gesehen hat, weiß jetzt, wie die Stones eingerichtet sind, welche Farben im Wohnzimmer von Lady Gaga leuchten und wie es auf der Gartentreppe von Jack Johnson aussieht.

Beim Checken, ob die Kamera richtig eingestellt ist, kurz bevor ich an einem Zoom-Meeting teilnehme, ist es mir wichtiger geworden, welchen Blick in mein Wohnzimmer sie freigibt als wie meine Haare aussehen. Diese Prioritätenverschiebung hat damit zu tun, dass ich an mir selbst merke, wie sympathisch ich es finde, wenn bei  anderen Teilnehmenden die Haare vielleicht nicht ganz so perfekt sitzen, dafür aber der Blick in die Wohnung eine atmosphärische Aussage bereithält.

Wenn jemand vor einem virtuellen vorgefertigten Hintergrund sitzt, empfinde ich es als Zeichen für Distanz. Man will den Einblick ins Private nicht erlauben. Das ist natürlich okay. Gleichzeitig aber übermittelt es die Aussage: Ihr bleibt draußen! Während andere großzügig Einblick gewähren und damit ausdrücken: Kommt ruhig rein!

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