Was machst du mit deinem Wissen und Können? Hanne (5)

*Hanne, 74, Köln im Dezember 2021.


Mein Wissen und Können bringe ich ein in Texte, die ich schreibe, in Gespräche, in Notizen, die ich mir mache, und ich nutze mein Wissen und Können, um mir mehr Wissen anzueignen, weil ich dadurch weiß, wo und wie mache ich das.


Bist du zufrieden mit der Gemengelage, die du gerade skizziert hast, was dein Wissen und Können angeht?

Nein. Ich bin der Meinung, dass ich ein viel breiteres Anwendungsfeld für mein Wissen und Können, Erfahrungen würde ich auch dazurechnen, haben könnte. 


Zum Beispiel?

Zum Beispiel in den Austausch gehen mit anderen, mit älteren oder mit jüngeren. Zum Beispiel mehr darüber publizieren. 


Was du jetzt genannt hast, da würde ich sagen, das könntest du doch herstellen, oder? 

Das könnte ich herstellen oder das stelle ich her, wenn mir ein Thema auf den Nägeln brennt. Dann stelle ich es her. Ich stelle es nicht her, wenn mir ein Thema nicht auf den Nägeln brennt. Dann bräuchte ich eine Animation oder eine Motivation, um dann auch nochmal nachzuforschen, ob das  wirklich auch so stimmt, was ich da in meiner Birne habe. Das ist der Unterschied.


Ich verstehe es jetzt so, dass du meinst, diese Motivation oder Animation müsste von außen kommen.

Das wäre das beste. Ja. Weil meine eigene Motivation funktioniert halt sehr unzuverlässig, sehr angebunden an Themen oder Jahreszeiten. 


Kannst du dich an Zeiten erinnern, wo das rundlief, wo diese Anforderungen von außen auf dich zukamen?

Ja. Daran kann ich mich gut erinnern. Das war zu der Zeit als ich viel für den WDR gearbeitet habe, speziell für eine Sendung, die kritisches Tagebuch hieß. Da hatte ich als Journalistin die Möglichkeit, jedes  Thema, was ich selbst als wichtig empfand, anzubieten. Ohne eine unangenehme Reaktion auszulösen. Das führte dazu, dass ich sehr viel öfter als heute, in dem Moment, in dem mich etwas aus irgendeinem Grund berührte, es ansprach, sofort darauf reagiert habe und dann auch produziert habe.


Das verstehe ich jetzt so, dass damals in der Gemengelage alle Faktoren besetzt waren, die du brauchst. Und jetzt ist ein Faktor nicht besetzt, nämlich die Anforderung von außen.

Ja. 


Würdest du sagen, das hat mit dem Alter zu tun?

Ja klar. 


Würdest du sagen, du wärst noch in der Lage zu liefern?

Ja sicher. Ja.


Glaubst du nicht, dass uns da gesellschaftlich etwas fehlt, also Aufforderungen an Leute über 65 so nach dem Motto: Hallo, du lebst ja noch! - schreibst du noch?- wir hätten hier ein Thema!

Ja sicher. Ich halte das sogar für etwas, was eigentlich wichtiger wird, weil die Erfahrungen, die unsere Generation gemacht hat, ja weg sind, wenn wir nicht mehr da sind. Die Welt hat sich so verändert, dass die Gefahr bestehen könnte, dass die Erfahrungen, die Art zur denken, die Art miteinander umzugehen wie wir das erlebt und praktiziert haben, obsolet werden könnte. Und wenn ich mir dann die Literatur anschaue, die ich gelesen habe in den letzten Jahren, dann finde ich mich da eigentlich sehr wenig wieder.




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