Ausschnitte aus dem Kapitel:
Vom Anfangen aus dem Buch
Ab ins Wohnprojekt!
Ich habe seit 2013 verschiedene Projektgruppen in unterschiedlichen Rollen erlebt: als Gast, als Moderatorin, als Dozentin, als Mitinitiatorin und als einfaches Mitglied. So konnte ich Erfahrung sammeln und Erkenntnisse gewinnen. Mich interessierte besonders das Thema Kommunikation: wie die Teilnehmenden miteinander umgehen, wenn sie untereinander kommunizieren, aber auch, wie die Gruppe sich nach außen darstellt. Ich erkannte, wie wichtig die Gemeinschaftsbildung ist, wie die Prozesse ablaufen, die zu Entscheidungen führen und wie Entscheidungen letztendlich überhaupt getroffen werden. Mir wurde auch klar, wie wichtig die Atmosphäre in einer Gruppe ist und wie sie beeinflusst wird, sowohl negativ als auch positiv.
Jedes einzelne Projekt hat seine persönliche und individuelle Geschichte. Oft beginnt sie damit, dass bei irgendeiner Gelegenheit im privaten Kreis das Thema Wohnen auf den Tisch kommt und jemand fragt: „Wie wäre es, wenn wir irgendwann mal alle zusammen wohnen würden?“ Oder jemand erzählt von einem Film, in dem es um gemeinsames Wohnen geht. Oder jemand hat ein Buch oder einen Bericht in einem Magazin oder einen Artikel in einer Zeitung gelesen. Oder jemand hat jemanden kennengelernt, der oder die in einem Wohnprojekt wohnt oder gemeinsam mit anderen ein Projekt plant. Oft ergibt sich dann ein fröhliches Herumspinnen nach dem Motto: „Was wäre wenn ...?“. Ich kenne eine Gruppe von langjährigen Freunden und Freundinnen, die sich mehrmals im Jahr reihum zu einem mehrstündigen Essen trifft und seit Jahren zusammen überlegt, wie es wäre, wenn sie zusammen wohnten. Die Idee bereitet allen viel Freude, und sie entwickeln die tollsten Ideen. Ich war einmal als Gast bei einem solchen Essen dabei und habe nachgefragt, wie sie es denn machen würden, wer von ihnen denn die jetzige Wohnung oder das jetziges Haus für ein gemeinsames Projekt verkaufen würde. Da wurde es still am Tisch. Allmählich gestand die eine, dass das Haus für die Kinder erhalten werden soll, erklärte der andere, dass er sich überhaupt nicht vorstellen könne, die Wohnung zu verkaufen. Klar war aber auch, dass die meisten von ihnen nicht genug Geld haben, um sich auf ein neues, gemeinsames Projekt einzulassen ohne das bestehende Eigentum zu veräußern. Als nächstes fragte ich in die Runde, wie sie denn als Gruppe gemeinsam Entscheidungen treffen wollten. Und auch da wurde klar, dass sie darüber nicht wirklich nachdenken wollten. So genau wollten sie das alles gar nicht bereden. Sie wollten rumspinnen und Spaß haben und die Illusion aufrechterhalten, die sie gemeinsam über Jahre entwickelt hatten. Nach meiner Einschätzung wird diese Freundesgruppe sich zwar weiterhin zu gemeinsamen Essen treffen, aber kaum ein gemeinsames Wohnprojekt realisieren. Vielleicht aber wird irgendwann einmal jemand aus diesem Kreis andere finden und mit ihnen zusammen die über Jahre ersponnenen Wohnträume Wirklichkeit werden lassen.
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