Wie geht es los mit einem Wohnprojekt?

Jedes Wohnprojekt hat seine eigene Geschichte. Meistens ist da jemand, der oder die eine Idee hat und sie anderen erzählt. Dann kommt es darauf an, wie diese anderen mit der Idee umgehen, ob sie sie interessant finden oder ob sie sie für utopisch halten oder ob sie die Idee nicht beachten und so tun, als wäre das alles Spinnerei und "unrealistisch". Ideen jeglicher Art sind leicht verletzbar. Ob sich die Idee für ein gemeinschaftliches Wohnprojekt weiterentwickelt oder schon im frühen Stadium stirbt, hängt sehr davon ab, wie der oder die Ideengeberin von der Idee berichtet und vor allem, wem sie davon erzählt.
Alle Wohnprojekte, die realisiert wurden, haben das frühe Ideen-Stadium überlebt und sind in die nächste Phase gegangen: die Idee wird von anderen gut gefunden und sie wollen dabei sein und mitmachen. Die erste Hürde ist geschafft. Es bildet sich eine kleine Gruppe.
Jetzt hängt es sehr davon ab, wer in dieser Gruppe zusammenkommt und welche Kompetenzen vorhanden sind. Ob Architekten dabei sind - ob sich jemand mit Finanzen auskennt - ob jemand schonmal selbst gebaut hat - ob jemand etwas über Organisationsentwicklung weiß - ob die Bereitschaft zum Lernen vorhanden ist - ob jemand ein Grundstück an der Hand hat - das alles und viel mehr ist für den Erfolg oder das Scheitern der Anfangs-Gruppe von Bedeutung.
Gruppen ohne besondere Kompetenzen müssen nicht unbedingt scheitern. Und Gruppen mit viel Kompetenz sind nicht automatisch erfolgreich. Es kommen weitere Faktoren ins Spiel, die für Erfolg oder Scheitern Bedeutung haben.
Eine wesentlicher Faktor ist, ob eine Gruppe erkennt, was an Fähigkeiten vorhanden ist und was ihr fehlt. Nicht selten werden der Gruppe Kompetenzen vorenthalten. Manche sagen lieber nicht, was sie drauf haben, weil sie erstmal schauen wollen, was die anderen so machen. Oder umgekehrt: Manche geben vor, etwas zu wissen oder zu können, was aber nicht stimmt. Initiativgruppen sind für viele ein  Feld ohne Regeln, in dem sie "spielen" wollen. Erstmal geht es ja um nichts. Am Anfang ist alles "einfach so". Ohne Verbindlichkeit. Einige wollen nichts verpassen und deshalb dabei sein. Einige wollen einfach mal gucken. Einige sind eher skeptisch, finden aber die Leute gut, die mitmachen. Einige finden die Idee gut, sind aber skeptisch, was die Leute angeht, die dabei sind. Diese Anfänge sind auch voller Euphorie und Freude, denn es fühlt sich an wie ein Aufbruch in ein unbekanntes Land, wie ein Abenteuer. Und das ist es ja auch.
Initiativgruppen sind am Anfang ein wildes Durcheinander von Motiven und Motivationen. Und dann kommt der Moment, an dem die erste Gruppenentscheidung getroffen werden muss.
Üblicherweise, und meist ohne darüber nachzudenken oder es zu besprechen, wird erst über die anstehende Angelegenheit diskutiert und dann abgestimmt. Wer ist dafür? Wer ist dagegen? Wer enthält sich?
Ist das der richtige Weg für eine Wohnprojektgruppe? Ist es eine gute Idee, den Prozess mit Mehrheitsentscheidungen zu steuern? Der Prozess wird lange dauern, und er hört auch dann nicht auf, wenn der Bau steht und eingezogen wird, denn schließlich geht es um Wohnen in Gemeinschaft.
Die Frage ist: wie sollte es sonst gehen?
Die Antwort ist: Mit dem Systemischen Konsensieren.
Wie das geht, darüber demnächst mehr.




Kommentare

  1. Nach langen Suchen hatte ich tatschlich hier einen Post gefunden, der (wenn auch irgendwie unentschieden ?!) auf das hinweist, was Gemeinschaft tatsächlich ermöglicht. Hier lese ich "systemisches Konsensieren" ???
    Ganz genau, im Vergleich zu sogenannten Mehrheitsbeschlüssen kann, meiner tiefen Erfahrung nach, nur Konsens Gemeinschaft dauerhaft stabil machen.

    Konsens ist aber nichts, was wir "Kinder der normalen Gesellschaft" mal so eben aus der Tasche zaubern. Ebensowenig wie schnell mal, statt angst voreinander zu haben, uns hinter Egomauern zu schützen und verstecken, auf echtes Miteinander, Liebe und Selbstlosigkeit umschalten.

    Aber es ist ein recht einfacher Prozess (wenn auch nicht leicht) der uns genau dahinführen kann, so wir ihn willentlich gemeinsam angehen. Genau darum handelt es ich bei der Gemeinschaftsbildung, wie sie Morgan Scott Peck in den Achtzigern des letzten Jahrhunderts entwickelt und wohl hunderte Male praktiziert hatte.

    Es ist ein psychischer Entgiftungsprozess, der in gemeinsamer Verantwortung einer Gruppe schrittweise und permanent vor jedem "materiellen" Projekt stehen sollte, will es wirklich erfolgreich und freudevoll sein.
    Auf die Internetseite www.gemeinschaftsbildung.com finden sich nicht nur viele Informationen darüber sondern auch Möglichkeiten sich dabei unterstützen zu lassen, als Gruppe.

    Übrigens finden wir, symbolisch umschrieben, auch im Neuen Testament beste Hinweise wie eine Gemeinschaft sich gut organisiert:
    "Kümmert euch zuerst um das Reich Gottes, alles Andere wird euch dann dazugegeben ..." sinngemäß. Was nichts anderes bedeutet als sich zuerst in einem solchen Gemeinschaftsprozess zu Liebefähigkeit und somit echtem Konsens zu entwickeln, alle weiteren Projektschritte können danach nur freude- und erfolgreich verlaufen.

    Wie das möglich ist? In dem Prozess lernt jeder sich in dem Anderen zu entdecken, Projektionen werden in einem achtsamen Kreis gemeinsam abgearbeitet, Verletzlichkeit kann sich zeigen ohne Angst ... nicht leicht anfangs aber immer befreiender und beflügelnd. Es entsteht eine Community of all Leaders, wie Peck es nannte. Jeder findet zunehmend seine Stärke, seinen Berufung und wird darin zu einem Impulsgeber. In einer solche Gruppe konkurriert man nicht mehr miteinander, sie ergänzt sich - nahezu perfekt.

    Authentizität, Leibefähigkeit, Heilung - die "Alten" kannten solch Heilkreise noch :-)

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