Die Neuen sollen zu uns passen!

Wenn WohnprojektGruppen größer werden wollen oder müssen, begegnet mir immer wieder der Satz: "Wir suchen Leute, die zu uns passen."

Ich frage mich dann, was das denn heißt "zu uns passen"? Und: WIE ist "zu-uns-passen" definiert? Und: WER definiert es?

Ein Mal habe ich nachgefragt: "Woran willst du das denn festmachen, wer zu Euch passt?" Und die Person hat geantwortet: "Das sieht man doch." 

Letztens hat eine Person in einer WohnprojektGruppe gesagt, ihr sei sehr wichtig, dass die Neuen "sympathisch" seien. Was das genau heißt, hat sie nicht gesagt, und die anderen haben sie auch nicht gefragt. Mir schien, dass alle davon ausgehen, dass alle immer wissen, wer sympathisch ist und wer nicht und dass alle meinen, "sympathisch" sei für alle immer dasselbe. 

In WohnprojektGruppen, deren verbindende Idee das gemeinsame Wohnen ist, ist die Angst groß, es könne jemand dazukommen, der oder die "nicht zu uns passt" oder "nicht sympathisch" ist. Anders ausgedrückt: Man will vermeiden, dass jemand dazukommt, der oder die Anlass für Ärger und Streit gibt. Oder sich vielleicht sogar mit seiner oder ihrer Meinung durchsetzt und man selbst möglicherweise irgendwann zu einer Minderheit gehört. Man will einfach niemanden dabei haben, der es schwierig macht und die man nicht leiden kann.

Darin sind sich alle einig!

Wenn ich als Referentin oder Moderatorin mit Gruppen zu tun habe, die sich so äußern, wie oben beschrieben, fallen mir oft nicht die richtigen Worte ein. Irgendwie merke ich, wie wichtig der Gruppe die Einigkeit in diesem Punkt ist, und ich möchte sie dann nicht kaputtmachen. Gleichzeitig bin ich aber auch fassungslos über so viel Naivität. Denn wir alle wissen doch, dass man sich supersympathisch sein kann, sich sogar verlieben und lieben kann und nach einiger Zeit kommt man überhaupt nicht mehr miteinander klar. Wir wissen auch, dass uns jemand total sympathisch sein kann und irgendwie und irgendwann eine Seite dieser Person zutage kommt, mit der wir überhaupt nicht umgehen können. 

Der Gedanke von Zueinander-passen und Sympathie sind meines Erachtens nicht die richtigen Kriterien, anhand derer eine Gruppe entscheiden sollte, wer aufgenommen wird und wer nicht. Einfach deshalb nicht, weil sie nicht allgemeingültig formulierbar und nicht objektivierbar sind. Jemand aus der Gruppe findet eine Person sympathisch  und jemand anderes aus der Gruppe findet dieselbe Person  unsympathisch. Was dann? Wie will man das klären? Oder: Jemand meint, diese Person "passt zu uns" und jemand anderes meint das überhaupt nicht. Wer hat recht? Wer setzt sich durch?

Über Sympathie und Zueinanderpassen kann man weder diskutieren noch streiten. Wer das versucht, kann nur persönlich werden, und damit werden Tür und Tor für Verletzungen geöffnet. 

Die Frage ist doch, wie Gruppen mit dieser Angst umgehen und diese nutzen können, um die "richtigen" Leute zu finden und aus den vielen Interessierten diejenigen auszuwählen, mit denen es für das Projekt gut weitergeht. 



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