"Ich bin wichtig."

Es geht um Selbsteinschätzung. Wie wichtig schätze ich mich selbst ein? In einer bestimmten Situation, sei es auf der Arbeit oder im Privaten. "Ich bin wichtig" ist der Satz und die Einstellung zwischen den beiden Extremen "nicht wichtig" und "die/der Wichtigste". Aus meiner Erfahrung würde ich sagen, dass es wichtig ist, sich als wichtig zu definieren und zu empfinden. Einfach wichtig, nicht wichtiger als andere also nicht der/die Wichtigste, aber auch nicht als nicht wichtig.

"Ich bin wichtig" ist eine Haltung. Sie ist wie Aufrechtstehen. Für etwas einstehen. Etwas vertreten. Die eigene Meinung äußern. Und sich zeigen. Als Person und als Mensch. Die Haltung "ich bin wichtig" hat Rückwirkung auf einen selbst und auch Wirkung nach außen auf die anderen. Sie ist eine soziale Positionierung ohne Positionsgehabe und ohne im Rang nach oben oder nach unten zu gehen. Sie strahlt aus: Hier bin ich, ihr könnt mit mir rechnen. 

Wer denkt "ich bin wichtig" wird sich nicht wegducken, wenn es darum geht, Meinungen zu äußern, sondern die eigene Meinung äußern weil er/sie davon ausgeht, dass sie wichtig ist. Für das Ganze und für einen selbst. Wir befinden uns in sozialen Bezügen immer in dem Spannungsfeld zwischen uns als Person und Mensch und dem Ganzen, der Gruppe, dem Team, den Anwesenden, dem Verein, dem Unternehmen, der Familie. Wir gehören dazu. Ob für diese eine Veranstaltung oder darüber hinaus, und die Art und Weise, WIE wir unsere Dazugehörigkeit empfinden und mit ihr umgehen, ist für uns selbst und für die Gesamtheit von Bedeutung. Wichtigsein ist Bedeutung haben und auch geben und auch halten und auch aushalten und auch eine Form finden für die Art der Bedeutung, die wir uns geben oder die uns zugeschrieben wird. 

"Ich bin wichtig" zu denken und zu empfinden beinhaltet, dass ich weiß, dass ich Verantwortung habe. Verantwortung für das eigene Handeln und auch für das eigene Denken und Sprechen. Denn wenn ich davon ausgehe, dass ich wichtig bin, gehe ich davon aus, dass das, was ich sage, auch wichtig ist. Und wenn es wichtig ist, ist es auch wichtig, sich Gedanken darüber zu machen, wie es wirken könnte, was ich sage oder tue. 

Manchmal irrt man sich. Manchmal sagt man etwas, was dann anders verstanden wird als man es gemeint hat. Manchmal verletzt man andere. Und auch dann ist es wichtig, wie man sich selbst empfindet, ob als wichtig, nicht wichtig, oder als die Wichtigste. Es konstelliert die Art der Beziehung und führt dazu, wie wir uns verhalten, wenn wir offensichtlich jemanden verletzt haben, ohne es zu beabsichtigen.

Wer sich selbst als nicht wichtig empfindet, setzt sich im Rang der sozialen Beziehung nach unten und kann sich aus dieser Perspektive nur schwer vorstellen, jemand anderes verletzt zu haben, einfach weil man sich als nicht wichtig ansieht. In diesem Denkmuster ist es schwer, dass sich Mitgefühl entwickelt und ein Gedanke, der einen dazu auffordert, sich zu entschuldigen. 

Wer sich im Rang nach oben setzt, also über die anderen und sich als die Wichtigste empfindet, sagt vielleicht schnell "sorry" aber eher aus strategischen Gründen. Es kommt auf die Entwicklung des Mitgefühls dieser Person an. Vielleicht ist sie in der Rolle der Wichtigkeit gefangen, dann kann dahinter ein mitfühlender Mensch sein. Wenn sich aber die Person als Mensch als der wichtigste sieht, wie es bei Narzissten der Fall sein kann, dann ist nicht mit Mitgefühl zu rechnen, sondern mit Strategie. 

Wer sich im Rang gleichwertig mit den anderen empfindet und als wichtig, sowohl für sich selbst als auch für das Ganze, kann eher mitfühlen, wenn er oder sie etwas gesagt oder getan hat, was jemand anderes verletzt hat. Und die Verantwortung dafür übernehmen, auch wenn es keine Absicht war, und sich entschuldigen und für ein klärendes Gespräch bereit sein.

Die Selbsteinschätzung, was die eigene Wichtigkeit angeht besteht aus vielen Mustern und Schattierungen. Ich würde sagen, dass es wichtig ist, sich mit der eigenen Selbsteinschätzung zu beschäftigen, und auch mit den Zuschreibungen der anderen, die uns manchmal eine Wichtigkeit geben, die nicht mit der eigenen Einschätzung übereinstimmen.  




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