Was mache ich hier eigentlich?

Was mache ich hier eigentlich? Diese vielen Treffen mit Menschen über 65, die ich fragen darf, was sie mit ihrem Wissen und Können machen und die bereitwillig darüber berichten, wie sie mit ihrem Wissen und Können umgehen. 

Heute Morgen beim Abtippen eines Interviews tauchte in mir die Frage auf: Was mache ich hier eigentlich? Was ist das, was hier entsteht? Es ist in jedem Fall streng unwissenschaftlich und radikal subjektiv. Es ist eine Art Forschung im Selbstauftrag. Eine soziale Untersuchung im Lebensbereich alter Menschen über 65, nach ihrer Berufstätigkeit. 

Diese Lebensphase Alter dauert bei vielen viele Jahre, also die Phase nach der Berufstätigkeit bis zur Betreuung und Pflege. Um diese Phase geht es bei meiner Frage: Was machst du mit deinem Wissen und Können? 

Was ich hier mache ist etwas, was sich aus meinem eigenen Erleben ergeben hat. Mir geht es nicht darum, jung sein zu wollen oder jünger zu erscheinen als ich bin. Ich bin aber erstaunt, wie gut ich draufbin mit 75. Das hatte mir niemand gesagt, dass das Leben mit 75 so lebendig sein kann. Davon hatte ich keine Ahnung. Und das geht ja nicht nur mir so, sondern vielen anderen auch. Wenn ich mich so umschaue, dann sind viele in meinem Alter oder älter zwar nicht mehr mitten drin im kollektiven Leben aber doch mittendrin in ihrem eigenen Leben unterwegs, aktiv und lebendig. 

Was fehlt sind angelegte Verbindungswege ins Gesellschaftliche, ins Kollektive. Ja, ich weiß, und an dieser Stelle wird es immer wieder gesagt, wir Alten können ehrenamtlich tätig werden. Das stimmt. Aber das ist hier nicht das Thema. Mein Denk- Ansatz ist ein anderer. Mir geht es hier nicht darum, dass wir Alten uns beschäftigen. Dass wir mit unserer Zeit etwas sinnvolles Tun. Dass wir Kontakte suchen und finden. Dass wir uns einbringen, wo man uns eine Aufgabe zuweist. Wir tun es, viele von uns tun es. Aber darum geht es hier nicht. 

Zur Erläuterung meines Denk-Ansatzes möchte ich auf die Unterschiede hinweisen zwischen Beschäftigung und Zeitvertreib und privater und gesellschaftlicher Lebensgestaltung. Wenn wir die drei Sphären betrachten, Familie, Markwirtschaft und Staat (Hegel) dann werden wir in der Regel mit 65 in die Familie verbannt. Ins Privatleben. Marktwirtschaft und Staat werden von den nachkommenden Generationen übernommen und gemanagt. Und das ist gut so. Aber, und das ist neu zu bedenken, wir Alten sind ja noch da. Und manche von uns sind noch lange da. Und mit uns unser Wissen und Können.

Das Neue daran ist, dass wir heute viel länger leben als früher und dass die Zeit zwischen dem Ende der Berufstätigkeit und dem Bedarf nach Gepflegtwerden sehr viel länger ist als je zuvor. Wir tun aber so, als wäre dies nicht der Fall. 

Als alte und ältere Menschen sollen wir Privatleben leben. Dafür erhalten wir mit der Rente oder der Pension Geld. Unser Wissen und Können ist aber ja noch da, es hört ja nicht auf, es verschwindet ja nicht nur weil wir 65 oder älter geworden sind. 

Die Frage, die mich interessiert, ist, was passiert damit? Und wenn es nur um Wissen und Können ginge, ohne den Menschen in den Blick zu nehmen, der dieses Wissen und Können angesammelt hat, in dem es verortet ist, der sich damit identifiziert, der es anzuwenden weiß, dann würde mich das Thema nicht weiter interessieren. Was mich interessiert ist der Mensch, der alte Mensch, der mit seinen Kompetenzen und Fähigkeiten und Expertisen allein gelassen wird und still sein soll. Was passiert mit diesem Menschen? 






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