Ein Nagel für meine Expertise.
„Wo ist der Nagel, an dem ich mein Wissen und Können aufhängen kann? Ich brauche es nicht mehr. Es wird nicht mehr abgerufen. Niemand will es mehr haben. Dabei ist es keineswegs alt und überholt, denn ich habe mich immer weiter gebildet, bin also auf dem neuesten Stand. Wer alt ist, bin ich. Deshalb wurde ich in den Ruhestand geschickt. All mein Wissen und Können nehme ich mit, weil es in mir drin ist. Was ich nicht mitnehme, ist all das, was mir die Anwendung meiner Fähigkeiten und meines Wissens möglich gemacht hat. Ich werde sozusagen in die Wüste geschickt. Nachhause.“
Zuhause ist natürlich keine Wüste. Zuhause ist privat. Die andere Seite des Lebens. Beruf und Privat sind für die meisten gegensätzlich, zumindest erleben sie es so. Aber hier wie dort sind wir wir. Bin ich ich. Die Frage ist, wer bleibt übrig, wenn ich nicht mehr beruflich tätig bin, weil ich ein bestimmtes Alter erreicht habe. Ein Alter, das als alt gilt.
Je mehr ich darüber schreibe, umso brutaler empfinde ich diese gesellschaftliche Regel, dass Menschen in einem bestimmten Alter den Anwendungsbereich ihres Wissens und Könnens verlassen müssen, auch wenn sie noch gerne bleiben würden. Vielleicht mit weniger Stunden, vielleicht mit weniger Tagen, vielleicht nur noch an zwei Tagen die Woche. Das könnte eine Möglichkeit sein für diejenigen, die es möchten. Sie müssten dann keinen Nagel suchen für ihr Wissen und Können.
Mir kommt gerade die Idee, einen Raum zu schaffen mit Nägeln in den Wänden, vielen Nägeln. Dort könnten Rituale stattfinden, die wir gemeinsam entwickeln, bei denen wir unsere Expertisen aufhängen. Wir könnten uns gemeinsam darum kümmern, dass unser Wissen und Können nicht vergammelt. Wir könnten es, zum Beispiel, hin und wieder vom Nagel runterholen und zum Einsatz bringen. Wir könnten uns vielleicht gegenseitig unsere Expertisen zeigen. So wie wir uns die Fotos von unseren Enkelinnen zeigen. Letztendlich ginge es um einen liebevollen Umgang mit dem, was war draufhaben, was aber nicht mehr abgerufen wird. Wir könnten Dankbarkeit üben. Uns selbst danken für die Arbeit, die wir investiert haben, indem wir unseren Beruf ausgeübt haben. Wir könnten uns wundern über die vielen Aspekte von Wissen und Können, die da rumhängen. Wir könnten uns an all den vielen Expertisen freuen. Wir wüssten wer was kann und könnten uns gegenseitig mit dem, was wir draufhaben unterstützen. Wir könnten Wissen und Können tauschen. Nagel Nr. 15 zum Beispiel kann gut mit Exeltabellen, ich könnte ihn oder sie anrufen und fragen, wie das eine oder andere geht, wenn ich nicht weiterkomme.
könne eine Möglixhkeit
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