Der Anfang von Lesekreis anders:

Als ich Anfang 2022 zum ersten Mal von Shared Reading gehört hatte, war ich sofort begeistert und las alles darüber, was ich im Internet finden konnte. Ich sah eine wunderbare Möglichkeit, Begegnungen zwischen Menschen zu organisieren, die gemeinsam lesen. Der Rahmen für die Begegnungen ist mit der Methode Shared Reading genau beschrieben. Alles dreht sich um Texte aus der Literatur oder Poesie.

Meine Begeisterung hat sicherlich damit zu tun, dass für mich bei Shared Reading zwei wichtige Aspekte meiner Lebenssituation zusammenkommen. Da ist ein Mal mein Verhältnis zu Texten, wobei ich sagen muss, dass ich weniger mit Literatur und Lyrik zu tun habe, sondern mehr mit Sachtexten. Und dann mein soziales Anliegen: Begegnungen zwischen Menschen zu organisieren. Genauer gesagt, dafür zu sorgen, dass Menschen zusammenkommen und Gemeinschaft erleben können im Sinne von Vielfalt erfahren, Partizipation üben, Achtsamkeit lernen, gegenseitige Wertschätzung spüren und formulieren, aktives Zuhören und offenes und ehrliches Mitteilen. 

Bei Shared Reading trifft man sich für ca. zwei Stunden in einem öffentlichen Raum und liest gemeinsam einen Text, den man anschließend bespricht. Niemand muss sich inhaltlich vorbereiten, nur die Person, die den Text aussucht und kopiert, so dass er für jede Teilnehmerin, jeden Teilnehmer vorliegt. Anschließend liest man noch ein Gedicht zusammen, das ebenfalls von der jeweiligen Lesebegleiterin ausgesucht wurde. Text und Gedicht werden laut vorgelesen, manchmal mehrmals, je nach Bedürfnis der jeweiligen Gruppe. Man braucht keine Kenntnisse über Literatur oder Lyrik, um mitzumachen. Es geht nicht um Wissen, sondern darum, die Texte auf sich wirken zu lassen, in Resonanz zu gehen und sich auszutauschen darüber, was man denkt, sich vorstellt, fühlt oder empfindet. Oft tauchen auch Fragen auf, oder die Lesebegleiterin hat Fragen vorbereitet, die sie in die Runde gibt, als Impuls für das Gespräch und den Austausch. 

Ich hatte die Idee, Shared Reading in dem Rahmen, in dem ich mich derzeit bewege, auszuprobieren: in Köln in der Melanchthon-Akademie in der Gruppe, zu der ich seit einigen Jahren gehöre. Wir sind die EFI-Community, alles Frauen, Männer sind auch eingeladen, kommen aber nur ganz selten und vereinzelt. Alle haben die EFI-Zukunftswerkstatt durchlaufen und mit einem Zertifikat beendet, das sie als SeniorTrainer:in ausweist.

EFI heißt Erfahrungswissen für Initiativen. Seit 2017 bin ich eine der Dozentinnen für dieses Seminar, das ich 2013 selbst als Teilnehmerin besucht habe. 2018 haben einige Teilnehmerinnen  begonnen, sich nach dem Endes des Seminars regelmäßig zu treffen. Dafür hat die Akademie einen Raum zur Verfügung gestellt. Als dann Anfang 2020 der Lockdown kam und Treffen in Präsenz nicht möglich waren, habe ich für die Treffen der Ehemaligen ein Online-Angebot gemacht, im freiwilligen Engagement. Mir war wichtig, dass die Gruppe nicht auseinanderfällt. Durch die Online-Treffen war die Kontinuität der Zusammenkünfte gewährleistet und es hat sich etabliert, dass ich als Begleiterin für Organisation und Moderation Teil der  Gruppe bin. Wir nennen uns EFI-Community und jedes Jahr kommen neue ehemalige Teilnehmerinnen der EFI-Seminare dazu. Wir treffen uns an jedem ersten Freitag im Monat von 11 bis 13 Uhr in der Melanchthon-Akademie. Die gemeinsame Idee ist, einfach weiter zu lernen, voneinander und miteinander, sich auszutauschen und sich gegenseitig zu unterstützen. 

Aus dieser EFI-Community hat sich der Lesekreis anders: entwickelt. Im Mai 2022 habe ich Eva und Marlene aus der Community gefragt, ob sie sich vorstellen können, sich mit mir zur Gründung einer Shared Reading Gruppe zu treffen. Sie waren einverstanden und so haben wir begonnen, uns jeden Donnerstag von 11 bis 13 Uhr zu treffen. Zuerst privat bei Marlene und dann in der Melanchthon- Akademie. 

Ich bin gleich zu Beginn unserer Treffen in Kontakt gegangen mit Carsten Sommerfeld, dem Geschäftsführer der Shared Reading gGmbH mit Sitz in Berlin. Ich wollte u.a. wissen, wie es mit der Nutzung des Begriffs Shared Reading ist und habe erfahren, dass dieser Begriff nur dann genutzt werden darf, wenn man die Ausbildung zum Facilitator gemacht hat. Diese Ausbildung findet in Berlin statt und geht über ein Wochenende. Sie kostet 1.150 Euro. Das hat sich bisher niemand aus unserer Gruppe leisten können, also haben wir für unser Projekt einen anderen Namen gewählt: Lesekreis anders: 






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